Arbeits- und Gesundheitsschutz und seine gesetzlichen Vorgaben
Gesetzliche Vorgaben für das betrieblichen Gesundheitsmanagement?
Der zuvor in den anderen Beiträgen beschriebene Wandel unserer Arbeitswelt und die prognostizierten demografischen Entwicklungen verstärken die Bedeutung von Maßnahmen zur Erhaltung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit von deutschen Arbeitnehmern. Arbeitsausfälle und -unfähigkeit sind zu einem hohen Teil arbeitsbedingt und verursachen jährlich einen unternehmerischen und volkswirtschaftlichen Schaden. Immer mehr Unternehmen erkennen die Pflege der Humanressource durch ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement als ein besonders zukunftsträchtiges Erfolgskriterium an. Für einen Großteil der Erwerbstätigen ist der Beruf ein wichtiger Lebensinhalt, der sie über Jahrzehnte begleitet (vgl. Kardys & Bialasinski, 2016, S.55).
Die Anzahl der Gesetze, Verordnungen, Vorschriften, Richtlinien und anderen Bestimmungen zum Gesundheits- und Arbeitsschutz nimmt rasant zu. Ohne Weiterbildung oder Schulung in diesem Bereich, ist das Ausmaß kaum zu überblicken. Aus diesem Grund soll der folgende Abschnitt dem Leser die Rahmenbedingungen und rechtlichen Reglungen im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz näherbringen. Grundsätzlich wird der Arbeits- und Gesundheitsschutz durch seinen pathogenen Ansatz gekennzeichnet. Dieser sucht nach Ursachen für Krankheiten, und wie diese vermieden werden können (vgl. Levent, 2006, S.2).
Wegen der vielseitigen Gefahren am Arbeitsplatz unterliegt der Arbeits- und Gesundheitsschutz bestimmten gesetzlichen Rahmenbedingungen. Deren Einhaltung wird durch einerseits staatliche und zum anderen öffentlich-rechtliche Institutionen überwacht und kontrolliert. Für den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz sind die Berufsgenossenschaften und die gesetzliche Unfallversicherung und für den staatlichen Arbeitsschutz sind der Gewerbearzt und die Gewerbeaufsicht zuständig. Diese Institutionen dienen gleichzeitig als Berater für deutsche Unternehmen. Um ein ganzheitliches Verständnis zu den relevanten rechtlichen Vorschriften und die damit verbundenen Wertigkeiten zu bekommen, soll zunächst kurz auf die Hierarchie der gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland und Europa eingegangen werden.
Das Prozedere hierfür ist folgt. Auf eben der EU werden die Rahmenbedingungen für den Staatlichen Gesundheitsschutz geschaffen. Auf der Grundlage europäischer Richtlinien (EU-Richtlinien) erlässt der deutsche Staat Gesetze und Rechtverordnungen mit verbindlichem Charakter (nationales Recht). Eines davon ist das Arbeitsschutzgesetz, was auf einer Reihe weiterer Gesetzlichkeiten aufbaut. Diese Gesetze und Rechtformen bilden somit den Standard für den gesetzlichen Arbeitsschutz in allen Bundesländern (vgl. Meinel, 2015, S.15). Zusätzlich geben die Berufsgenossenschaften, der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, Unfallverhütungsvorschriften heraus. Diese nennen sich Berufsgenossenschaftliche Vorschriften für Sicherheit und Gesundheit und sind auch unter dem Kürzel DGUV-Vorschriften zu finden. Diese Regelungen sind als autonome Rechtsnormen zu betrachten. Weiterhin gibt es zahlreiche Richtlinien, berufsgenossenschaftliche Regeln, Merkblätter und arbeitsplatzbezogene oder branchenbezogene Schriften zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Betrieben. Generell sind diese Regelungen nur als Empfehlungen zu verstehen und haben daher keinen verpflichtenden Charakter. Sobald diese Betriebe jedoch in die Genossenschaft eintreten, werden diese Empfehlungen zum autonomen Recht. Wie bereits zu erkennen ist, existiert in Deutschland ein duales System Arbeits- und Gesundheitsschutz, bestehend aus staatlichen und zum anderen öffentlich-rechtlichen Institutionen. Hierdurch wird dem Arbeitgeber ein Mindestmaß an organisatorischen, medizinischen und technischen Maßnahmen zur Einhaltung seiner Fürsorgepflicht vorgegeben (vgl. Meinel, 2015, S.17).
Auf Grund der unterschiedlichen Anforderungen, je nach Gewerbezweig und Branche, sowie ständige Veränderungen und dem technologischen Fortschritt, kann der Gesetzgeber den Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht bis ins Detail regeln. Es wird lediglich der gesetzliche Rahmen vorgegeben. Weitere detailliertere Vorschriften müssen kontinuierlich entwickelt und an die bestehenden Märkte angepasst werden. Nur so kann die erforderliche Flexibilität innerhalb dieses Bereichs erreicht werden (vgl. Meinel, 2015, S.17).
Im Gegensatz zum Gesundheits- und Arbeitsschutz gibt es im Bereich Prävention kaum klare Vorschriften und Verpflichtungen. Statt der Implementierung eines ganzheitlichen BGM entwickelt sich eher ein Aktionismus für die freiwilligen Leistungen der Betrieblichen Gesundheitsförderung. Hierunter werden allgemein Maßnahmen zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz verstanden (vgl. Kardys & Bialasinski, 2016, S.56). Diese haben meist die Reduktion und Vermeidung von Gesundheitsrisiken zum Ziel. Seit der Aktualisierung des Präventionsgesetzes im Jahr 2016 findet dieser wenig zielgerichtete Aktionismus noch häufiger statt. Die Betriebe erhoffen sich hierdurch Effekte, wie eine geringere Krankenquote und eine höhere Zufriedenheit. In der Praxis lässt sich häufig beobachten, dass der gesamte BGM Prozess an die Führungskräfte abgetreten wird. Die Konsequenz ist häufig eine unkoordinierte und nicht gezielte gesundheitsförderliche Einzelmaßnahme, die keinen nachhaltigen und langfristigen Nutzen hat (vgl. Kardys & Bialasinski, 2016, S.57).
Quellen:
Kardys, C. & Bialasinski, D. (2016). Führsorgepflicht des Arbeitgebers im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. In: Gutmann, J. (Hrsg.) (2016). Betriebliche Gesundheit managen – ein Praxisleitfaden, S. 54-63. München: Haufe Verlag
Levent, M. (2006). Betriebliche Gesundheitsförderung – Nur methodisch oder ein Konzept mit Substanz. Grin Verlag
Meinel, H. (2015). Betrieblicher Gesundheitsschutz. Vorschriften, Aufgaben und Pflichten für den Arbeitgeber. (6. Aufl.). Landsberg am Lech: ecomed Sicherheit
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